Nachruf Prof. Dr. Hans Burzlaff
Am 21.4.2024 ist der Lebensweg von gut 92 Jahren für Hans Burzlaff zu Ende gegangen. Geboren am 19.2.1932 in Schlawe in Pommern, war seine Kindheit und Jugend von Krieg und Nachkrieg mit Flucht und Vertreibung überschattet. In Schleswig-Holstein fand die Familie eine neue Heimat, wo er seine Schulausbildung fortsetzte und das Studium der Mathematik und Physik in Kiel begann, das er 1961 mit der Promotion im Fach Mineralogie abschloss. Burzlaffs weitere akademische Laufbahn wurde geprägt durch E. Hellner, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, den im Zusammenbruch des Dritten Reiches weitgehend verlorengegangenen Wissenschaftszweig der Röntgenstrukturanalyse im Nachkriegs-Deutschland wiederzubeleben.
Insbesondere Hellners Wechsel nach Marburg als Nachfolger von Carl Hermann, der noch wesentlichen Anteil an der Wissenschaftsgeschichte der Röntgenkristallographie hatte, bot H. Burzlaff ein hervorragendes Umfeld, um aktuelle Arbeiten kennen zu lernen und eigene Ideen zu entwickeln. Besonders die von J. Karle und H. Hauptman entwickelten „Direkten Methoden”, die später auch mit dem Nobelpreis bedacht wurden, regten ihn an und sollten neben intensiven Bemühungen um Entwicklung von Geräten und Verbesserung der Messtechnik das Hauptarbeitsgebiet werden.
In Erlangen hatte der Mineraloge und spätere Rektor Th. Ernst die Bedeutung einer eigenständigen Kristallographie für die Naturwissenschaftliche Fakultät erkannt und betrieb deshalb mit großem Einsatz die Einrichtung eines Lehrstuhls für Kristallographie. H. Burzlaff wurde 1971 zum ersten Inhaber dieses Lehrstuhls berufen. Der interdisziplinären Struktur dieses Faches mit zahlreichen Vernetzungen im Bereich der naturwissenschaftlichen Fakultät war der Lehrstuhl zunächst keinem Institut zugewiesen. Es entwickelten sich sehr erfolgreiche Kooperationen mit der Chemie, Mineralogie, Mathematik, Pharmazie und Physik. Dem Rat von E. Mollwo folgend, wurde dieser Lehrstuhl in das Institut für Angewandte Physik eingegliedert.
Unter der Leitung von H. Burzlaff entwickelte sich der Erlanger Lehrstuhl für Kristallographie zu einem Zentrum kristallographischer Forschung im Bereich der Grundlagenforschung und in der Messtechnik.
Ein besonderes „Schmankerl” ist die in Zusammenarbeit mit K. Hümmer gelungene praktische Realisierung der Messung von Mehrstrahlinterferenzen an nicht-idealen Kristallen mit Hilfe eines selbstentwickelten Sechskreis-Diffraktometers. Burzlaff hat als akademischer Lehrer einer Generation von Studenten, auch in der Zeit des “Studentenbergs”, mit großer Sorgfalt Grundkenntnisse im Fach Kristallographie vermittelt, als Senator seinen Beitrag zur akademischen Selbstverwaltung geleistet, war langjähriger Mitherausgeber der Acta Crystallographica und Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Kristallographie. In den letzten Dienstjahren hat er sich besonders der Systematik der vielen Hunderttausend bis heute bestimmten Kristallstrukturen gewidmet, die in zahlreichen Datenbanken ruhen und deren wissenschaftlicher Informationsgehalt zu den submarinen Schätzen gehört, die noch der Bergung harren. Außerdem sind seine Beiträge zu den “International Tables for Crystallography” zu erwähnen, an deren Neuauflage er bis zuletzt gearbeitet hat. Im Jahr 2007 wurde sein Lebenswerk mit der Carl-Hermann-Medaille geehrt.
Die Mitarbeiter des Instituts danken Hans Burzlaff für seine Lebensleistung, mit der er den Erlanger Lehrstuhl für Kristallographie internationale Geltung verschafft hat.
Seine freundliche Art und Verbundenheit mit unserem Lehrstuhl wird uns auch weiterhin in der Erinnerung begleiten.
Helmuth Zimmermann,
Rainer Hock, Reinhard Neder, Tobias Unruh und alle Mitglieder des Lehrstuhls für Kristallographie und Strukturphysik